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Erwachsenen- und Weiterbildung in Österreich: Ein Überblick

von Isabella Juen, Stefan Vogtenhuber und Lorenz Lassnigg

Woher kommt das Geld für die Erwachsenen- und Weiterbildung in Österreich? Wer nimmt an den Angeboten teil? Und wie hat sich die Beteiligung in den letzten Jahren entwickelt? Antworten auf diese Fragen liefert eine neue Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS) im Auftrag der Arbeiterkammer Wien.

Zur Bildungsbeteiligung der Erwachsenen

60% der Österreicher:innen, im Alter von 25 bis 64 Jahren, haben sich im Jahr 2016 am formalen [1] und nicht-formalen [2] Lernen beteiligt, um rund 18 Prozentpunkte mehr als noch im Jahr 2007. Die Weiterbildungsbeteiligung unterscheidet sich jedoch nach wie vor erheblich zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Unmittelbare Auswirkungen auf die Bildungsaktivitäten haben die soziodemografischen Merkmale Alter, formaler Bildungsabschluss, Arbeitsmarktstatus und auch die Berufsgruppen. Erwachsene mit einem niedrigen formalen Bildungsstand sind deutlich weniger weiterbildungsaktiv als jene mit einem Abschluss auf der tertiären Ebene (siehe Abbildung Beteiligung Erwachsener am nicht-formalen Lernen).

Teilnahmezweck an nicht-formalen Bildungs-/Weiterbildungsaktivitäten

79% der Weiterbildungsaktiven haben im Jahr 2016 aus beruflichen Gründen an einer nicht-formalen Weiterbildung teilgenommen. Hingegen geben 21% aller Teilnehmenden an, dass der Zweck ihrer Teilnahme nicht berufsbezogen ist, sondern andere Gründe hat. Betrachtet nach dem Bildungsstand und dem Alter der Befragten kann festgehalten werden, dass mit zunehmender Bildung die nicht-berufsbezogene Teilnahme sinkt, aber mit zunehmendem Alter wiederum steigt. Wie in Abbildung Nicht-formale Bildungs-/Weiterbildungsaktivitäten nach Teilnahmezweck dargestellt, verfolgten 2016 30% der 55-64-Jährigen eine Weiterbildung aufgrund ihres privaten Interesses – 2007 lag dieser Anteil noch um 7 Prozentpunkte höher. Demgegenüber liegt der Anteil bei den 35-54-jährigen Österreicher:innen bei unter 20%. Insbesondere diese Altersgruppe nimmt vorwiegend aus beruflichen Gründen an einer Weiterbildung teil. Unterschiede zeigen sich auch zwischen den Geschlechtern: Männer nehmen mit 8 Prozentpunkten häufiger aufgrund berufsbezogener Gründe an Weiterbildungen teil als dies Frauen tun (Männer 83%, Frauen 75%).

Die Motive der Österreicher:innen an einer nicht-formalen Weiterbildung teilzunehmen sind breit gestreut. Sie reichen vom Wissen und Fähigkeiten für den Alltagsgebrauch erhöhen (95%), über die Erhöhung des Wissens über eine Interessensgebiet (85%), den Job besser ausüben zu können (76%) bis hin zur verpflichtenden Teilnahme aufgrund gesetzlicher Vorgaben oder durch die Arbeitgeberin bzw. den Arbeitgeber (72%) [3].

Höhe und Struktur der Weiterbildungsfinanzierung in Österreich

Im Vergleich zum Jahr 2009 sind die Ausgaben für Erwachsenbildung hierzulande bis 2018 leicht gestiegen (2009: 2,1 Mrd. Euro, 2018: 2,3 Mrd. Euro) [4]. Die im Zeitverlauf höheren Gesamtausgaben sind hauptsächlich auf die gestiegenen Beiträge der privaten Haushalte zurückzuführen. Abbildung Verteilung der Weiterbildungsfinanzierung gibt einen Überblick über die Verteilung der Ausgaben nach den Ausgabenkomponenten staatliche Weiterbildungsbudgets, Qualifizierungsausgaben im Rahmen der Arbeitsmarktpolitik, Ausgaben der Unternehmen und die Ausgaben der privaten Haushalte/Bevölkerung.

Lag im Jahr 2009 der Finanzierungsanteil der Unternehmen noch bei knapp 41% verringerte sich dieser 2018 auf rund 31%. Hingegen ist die Finanzierung der privaten Haushalte stark gestiegen. Der Qualifizierung im Rahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik kommt hierzulande eine wichtige Rolle in der öffentlichen Finanzierung von Erwachsenen- und Weiterbildung zu (verglichen mit anderen Ländern). Das staatliche Weiterbildungsbudget im engeren Sinne (Budgets von Bund, Länder und Gemeinden für Förderungen) ist im Zeitverlauf zwar gestiegen, macht jedoch im Hinblick auf die Gesamtfinanzierung nur einen geringen Anteil von rund 12% aus.

Fazit

Zwar zeichnet sich bei der Teilnahme an der Erwachsenenbildung im Allgemeinen ein positiver Trend ab – immer mehr Erwachsene beteiligen sich aktiv am nicht-formalen Lernen – jedoch nicht in allen Gesellschaftsschichten im gleichen Maße. Die Beteiligung an der Erwachsenenbildung ist stark an den formalen Bildungsabschluss und an die berufliche Position geknüpft. Des Weiteren beteiligt sich ein großer Teil der österreichischen Bevölkerung vorrangig aus beruflichen Gründen an der nicht-formalen Weiterbildung. Zudem trägt die Bevölkerung einen großen Teil der Finanzierung von Weiterbildungsangeboten. Zwar sind die staatlichen Weiterbildungsbudgets in den letzten Jahren leicht gestiegen, dennoch war der Zuwachs bei den privaten Haushalten/Bevölkerung im Zeitverlauf viel größer.

Die finanzielle Situation der Haushalte ist ein erklärender Faktor für die unterschiedliche Beteiligung. Steigt die Eigenleistung der privaten Haushalte auch in Zukunft weiter an, könnte sich das zunehmend ungünstig auf die Weiterbildungsbeteiligung auswirken. Zudem steigt die soziale Ungleichheit am Arbeitsmarkt – Personen mit weniger Bildung haben schlechtere Arbeitsmarktchancen. Um diesen Trend begegnen zu können, bedarf es in Zukunft einem stärkeren Umdenken bei der Finanzierung. Die öffentliche Finanzierung ist derzeit stark auf kurativ-kompensatorische Maßnahmen fokussiert. Dazu zählt etwa die im Rahmen der staatlichen Budgets finanzierte Länder-Bund-Initiative zur Förderung grundlegender Bildungsabschlüsse für Erwachsene (Basisbildung und Nachholen des Pflichtschulabschlusses, wobei auch hier der Bedarf größer ist als das Angebot), sowie das AMS-Training für Arbeitslose zur möglichst raschen Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Diese relative enge Ausrichtung wäre zu erweitern um strategische und zukunftsgerichtete öffentliche Investitionen in Bildung, die nicht nur auf die kurzfristige Arbeitsmarktintegration abzielen, sondern verstärkt auch auf den Aufbau grundlegender Fähigkeiten und Kompetenzen für Alltag und Beruf, einschließlich all jener Ziele und Aufgaben, die im Bundesgesetz zur finanziellen Förderung der Erwachsenenbildung und des Volksbüchereiwesens als förderungswürdig festgeschrieben sind [5].

Weitere Ergebnisse zum Nachlesen finden Sie hier.

[1] Ausbildungen im regulären Bildungswesen, die zu staatlich anerkannten Abschlüssen führen

[2] Lernaktivitäten, die nicht auf anerkannte Abschlüsse/Zertifikate abzielen

[3] Eurostat, European Adult Education Survey 2016 (AES).

[4] Sämtliche Ausgaben wurden mittels BIP-Deflatoren (OECD Economic Outlook 2018) auf das Preisniveau von 2018 gebracht.

[5] https://erwachsenenbildung.at/themen/eb_in_oesterreich/gesetze/foerderungsgesetz.php